Beutegreifer und Wildtiere

Als Beutegreifer geraten Wolf, Luchs und Bär – tatsächlich oder vermeintlich – in das Konfliktfeld Jagd und Forst. Stets tauchen die Fragen und Diskussionen auf, ob die Raubtiere die menschliche Jagd stören oder unterstützen, ob Beutetier-Bestände nachhaltig beeinträchtig, gar ausgelöscht werden. Die Ökologie und Abhängigkeiten der Beutegreifer, Beutetiere und deren Nahrung ist komplex.

Fleischfresser-Pflanzenfreser-Pflanzen

Natürlich stehen Beutetiere und Beutegreifer in einem „Ring“ der gegenseitigen Beeinflussung. Es gibt die Beeinflussung von oben nach unten (Carnivoren – Herbivoren – Pflanzen), top down genannt, und die entgegengesetzte Richtung (Pflanzenverfügbarkeit - Herbivoren - Carnivoren), buttom-up genannt. Beide Varianten können auftreten. Dies scheint nach einer weiteren Hypothese abhängig von der Verfügbarkeit von pflanzlicher Nahrung (Primärproduktion) zu sein. Es gibt eine Vielzahl von Studien und Veröffentlichungen dazu und sei damit hier nur kurz angerissen. In verschiedenen Forschungen versucht man die maßgeblichen Faktoren festzustellen. Pauschale Aussagen sind kaum zu treffen.
 Wir Menschen kommen mit unserem Einwirken über verschiedene Natur- und Landnutzung in vielen Bereichen prägend mit hinzu.

Können Raubtiere einen Beitrag zur Lösung des Wald-Wild Konflikts in Kulturlandschaften leisten?

Wir unterstützen die Forschungsarbeiten, die derzeit in verschiedenen Untersuchungsgebieten in Europa laufen. Eine Doktorarbeit befasst sich mit dem Einfluss der Beutegreifer auf die Huftiere und beleuchtet den Einflussfaktor Mensch in den Regionen Bialowieza, Bieszczady, Hainich, Schwarzwald und Bayerischer Wald.

Im Bericht "Huftier, Luchs und Wolf - Populationsdaten in Europa" werden die Forschungsgebiete des Projekts vorgestellt.  S. v. Beek: Huftier, Luchs und Wolf Populationsdaten in Europa

"Starker Verbiss durch Huftiere wie Hirsche oder Rehe kann einen großen Einfluss auf die Waldentwicklung haben. Diese Interaktionen von Pflanzenfressern mit ihren als Nahrung dienenden Pflanzen führen oft zu großen Diskussionen über den Umgang mit Huftieren zwischen Förstern, Jägern und Naturschützern. Befeuert wird diese kontroverse Thema durch die Ausbreitung zweier Raubtiere in Deutschland, gemeint ist der Eurasische Luchs (Lynx lynx) und der Wolf (Canis lupus). Daher stellt sich die Frage, welchen Einfluss Luchs und Wolf über die Erbeutung von Huftiere auf die Waldökosysteme ausüben können. Zusätzlich können Menschen in diesem System eine bedeutende Rolle spielen, da sie wie große Beutegreifer, die Anzahl und das Verhalten der Huftiere, sowie deren Lebensraum beeinflussen."
Weitere Informationen zum Forschungprojekt gibt es hier.

 

Einfluss auf das Verhalten der Beutetiere

Nicht nur der direkte Einfluss von Beutegreifern hat einen Einfluss auf die Beutetiere, dann nämlich wenn ein Tier gerissen wird. Auch die Anwesenheit scheint mal mehr oder weniger ausgeprägt, einen Einfluss auf das Verhalten der Beutetiere zu haben. Dies besagt die Theorie der „ecology of fear“. Die Tiere sind dann nicht nur damit befasst energiereiche Nahrung aufzunehmen sondern auch der Gefahr gefressen zu werden auszuweichen. Um nicht gefressen zu werden, gibt es mehrere Möglichkeiten: Aufmerksamer sein, also länger und öfter Ausschau nach dem Feind halten. Gerade bei der Nahrungsaufnahme ist die Gefahr hoch überrascht und getötet zu werden. Also: kürzer fressen und dann zurück in sichere Gebiete. Um dennoch viel Energie aufzunehmen muss, wenn möglich, energiereicheres Futter aufgenommen werden. Außerdem können sich die Tiere in ihrer Aktivität anpassen, andere Zeitfenster und sicherere Flächen nutzen.
Dann  gibt es noch die Theorie, dass sich größere Beutetiergruppen bilden, um so eine sichere Gemeinschaft zu sein (Teilen der Aufmerksamkeit und Reduzierung des Risikos selbst erbeutet zu werden). Wie so oft gibt es auch Untersuchungen, die das Gegenteil herausgefunden haben: die Bildung kleinerer Gruppen, die dann wohl auch weniger von Räubern wahrgenommen werden. (M. Heurich: Bär, Wolf und Luchs in der Kulturlandschaft; Kapitel: Die Rolle der großen Beutegreifer im Ökosystem) Auch hier zeigt sich: pauschale Aussagen sind nur schwer möglich.

Buchempfehlung: Eine Zusammenfassung zum aktuellen Stand des Wissens über „Bär Wolf und Luchs in der Kulturlandschaft“ gibt das gleichnamige Buch (Hrsg. M. Heurich)