seit unserem letzten Newsletter ist in Sachen Wolf, Bär und Co. viel passiert und die Stimmung kocht hierzulande hoch wie nie zuvor – es scheint, als würde der bayerische Wahlkampf auf dem Rücken der großen Beutegreifer ausgetragen werden. Die Zeiten der ewig Gestrigen sind jedoch bald Geschichte, hier sind wir uns sicher. Zeiten wandeln sich und – zum Glück – sieht sich der Großteil der Bevölkerung unseren Wildtieren positiv gegenüber. Dies bestätigen immer wieder groß angelegte Studien (z.B. FORSA Umfrage vom NABU zur Rückkehr der Wölfe). Aber fangen wir von vorne an, ich versprach Euch von unserem Besuch in der Lausitz zu erzählen…
Auf den Spuren der Lausitzer Wölfe
Im kalten Monat Februar fanden sich Naturschutz-Aktive – insbesondere solch besonderen Vertreter der Spezies Homo sapiens, die sich beruflich mit Thema Wolf beschäftigen – im Spreetal in der Lausitz zu einem Wolfseminar zusammen. Veranstalter waren die Gesellschaft zum Schutz der Wölfe e.V., das Ökobüro OPUS GmbH und wolfland tours. Das Seminar war Bestandteil eines größeren Projekts, das durch gezielte Aus- und Fortbildungen Multiplikator*innen zum Themenkomplex Wolf ausbildet. Dieses Projekt ist gefördert von der Umweltstiftung Greenpeace. Im Rahmen eines mehrtägigen Seminars bildeten sich die Teilnehmenden inkl. eifriger Vierbeiner zum Thema "Wolf und seine Lebensweise" fort. Ein Großteil des Seminars bestand aus Exkursion und Geländearbeit. ReferentInnen waren Karsten Nitsch, Stephan Kaasche & Catriona Blum-Rérat vom LUPUS Institut für Wolfsmonitoring und -forschung.
Auf dem Programm standen mehrfache Ansitze auf dem Aussichtspunkt Bergener See mit Einführung in die Region Lausitz. Der Bergener See ist Teil des Naturschutzgroßprojektes Lausitzer Seenland und befindet sich im Sperrgebiet. Aufgrund der zahlreichen Flachwasserzonen und Inseln ist er ein bedeutsames Rast- und Brutgewässer für Zugvögel wie Kraniche, nordische Gänse und Watvögel. Der Aussichtspunkt am Südufer gilt als das Beobachtungs-Eldorado für Wolfsfreunde, Naturfilmern und Fotografen. Von dort durften wir Kraniche, Raubwürger, Rehe, Füchse und Wildschweine sehen. Um einen Wolf zu erspähen, ist jedoch Geduld gefragt. Trotz aufwendigem Equipment (hochwertige Ferngläser, Kameras, Nachtsichtgeräte und Wärmebildkameras) und viel erwartungsvollem Warten bis in die Dunkelheit hinein: kein Wolf weit und breit... Es hilft nichts, wir müssen wohl nochmals kommen!
Bei weiteren Exkursionen ins karge, steppenartige Brandenburger Umland gaben Stephan und Catriona eine ausführliche Einführung zum Thema Wolf, Spurenkunde sowie Übungen zum Monitoring mit Sichtungsprotokollen (Tierspuren, Gangarten, Schrittlängen etc.). Hierbei entdeckten wir tatsächlich etliche Wolfsspuren. Am dritten Tag besuchten wir diverse Fotofallenstandorte und lasen die Film- und Fotoaufnahmen aus. Es wurden mehrfach Wölfe, sowie Füchse und Rehe abgelichtet. Bei unseren Wanderungen fanden wir auch zahlreiche Hinterlassenschaften von Wölfen, die wir Spürhundeführer*innen sogleich als Trainingsmaterial einsammelten. Tatsächlich hinterlassen Wölfe ihre "Losungen" häufig an Wegen, die vom Menschen künstlich angelegt wurden. Auch höher gelegene Ablageorte wie alte Baumstämme oder Felsen werden gerne genutzt. Aussagekräftig sind hierbei Länge (mind. 20 cm), Durchmesser (mind. 2,5-4 cm) und Inhalt (je nach Nahrung meist viele unverdaute Fell- und Knochenreste).
Kurz vor unserer Abreise sollten wir dann doch noch einen Wolf zu Gesicht bekommen. Ein trauriges Verkehrsopfer der letzten Nacht wurde dem LUPUS Institut gemeldet. Dort wurde das knapp einjährige Jungtier weiblichen Geschlechts ausführlich begutachtet, vermessen, gewogen und jede Einzelheit protokolliert, bevor der Kadaver weiter in die Pathologie am Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in Berlin transportiert wurde.
Den kompletten Bericht und weitere Impressionen findet Ihr auf unserem Bayern wild Blog!
Abgetrennter Wolfskopf vor NABU-Zentrum abgelegt
Eine grausame Entdeckung machten Spaziergänger aus Leiferde im Landkreis Gifhorn (Niedersachsen): Sie fanden einen abgetrennten Wolfskopf vor dem NABU-Artenschutzzentrum. Die Bilder, die auf Instagram veröffentlicht wurden, zeigen unter anderem wie der Fang des Tieres mit einem Stock aufgesperrt wurde. Mutmaßlich wurde die Zunge des Wolfs entfernt. Die Beamten der zuständigen Polizeidienststelle seien über den Fund informiert worden und hätten zusammen mit dem dortigen Wolfsberater den Fund begutachtet. Wird der Täter gefasst und verurteilt, droht ihm eine Strafe von bis zu 50.000€ oder bis zu 5 Jahre Freiheitsstrafe wegen Verstoß gegen das Bundesnaturschutzgesetz.
JJ4 unschuldig vor Gericht?
Die Bärin JJ4, die Anfang April im norditalienischen Trentino einen Jogger mutmaßlich angegriffen und getötet hat, ist mittlerweile eingefangen worden. Wie die Provinzverwaltung mitteilte, wurde sie mithilfe einer großen Rohrfalle gefasst und anschließend in einem Gehege des Tierpflegezentrums Casteller untergebracht. Bei der Bärin – auch als „Gaia“ bekannt – handelt es sich um die Schwester des 2006 in Bayern erschossenen Bruno. Die Provinz Trentino hatte nach der tödlichen Attacke einen Abschussbefehl angeordnet, um die "öffentliche Sicherheit zu wahren". Das Verwaltungsgericht in Trient setzte den Befehl jedoch in der vergangenen Woche aus. Tierschutzorganisationen hatten Berufung eingelegt, zumal neuste Untersuchungen ergaben, dass der Eckzahnabstand in den Wunden des Opfers nicht zu einem weiblichen Braunbären passe, sondern einem männlichen Tier angehören müssen. Seit dem Tod des Joggers verschärft sich generell die Debatte um das Zusammenleben von Bären und Menschen und schwappt spürbar über bis nach Bayern. Die Provinz Trentino möchte die Zahl der Bären nun halbieren. Tierschützer kritisieren hingegen die Pläne und plädieren für die Einrichtung von Wildtierkorridoren oder die Sensibilisierung der Bevölkerung im Umgang mit wilden Tieren.
Im Trentino leben seit ihrer Ausrottung dank dem Ansiedlungsprojekt "Life Ursus" wieder rund 100 Bären. In Deutschland tauchte 2006, nach mehr als 170 Jahren Abwesenheit, erstmals wieder ein Braunbär auf. Bruno erlangte damals als sogenannter "Problembär" traurige Berühmtheit und wurde bereits wenige Wochen nach seinem Grenzübertritt von Österreich nach Bayern erschossen. Zuvor hatte JJ1, so der Code von Bruno, Schafe gerissen sowie Bienenstöcke und Kaninchenställe geplündert. Von Natur aus sind Bären eher scheu und meiden Begegnungen mit dem Menschen. Die Eltern von JJ4 und JJ1 sind zwei slowenische Bären, Jose und Jurka, die zwischen 2000 und 2001 im Rahmen des EU-Projekts nach Italien gebracht wurden. In der Gegend, die rund 120 Kilometer südlich von Bayern liegt, soll es nach offiziellen Angaben etwa 60 Bären geben. Mit steigender Tendenz. Vor allem halbwüchsige Bären-Männchen würden nach Angaben des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LFU) auf der Suche nach neuen Territorien auch in Richtung Norden abwandern.
BEGEGNUNG MIT EINEM BÄREN - SO VERHALTEN SIE SICH RICHTIG
Begegnungen mit einem Bären sind hierzulande nach wie vor äußerst selten. Im Süden von Bayern (wo sich wieder mindestens ein Bär herumtreibt) ist ein mögliches Aufeinandertreffen aber nicht ausgeschlossen. Beachtet man einige Regeln, ist das Risiko eines Angriffs allerdings gering:
Bewahren Sie Ruhe und halten Sie Abstand!
Laufen Sie nicht weg. Das könnte ein Verfolgungsverhalten des Tieres auslösen!
Machen Sie keine unkontrollierten oder hektischen Bewegungen
Werfen Sie keine Gegenstände nach dem Tier
Treten Sie langsam und kontrolliert den Rückzug an
Lassen Sie dem Bären Platz für eine Ausweichmöglichkeit
WAS TUN, WENN EIN BÄR ANGREIFT?
Vom LFU Bayern gibt es auch für diesen Fall Verhaltenstipps. "Legen Sie sich bäuchlings flach auf den Boden oder kauern Sie sich auf den Boden, die Hände im Nacken. Wenn vorhanden, schützt so Ihr Rucksack den Rücken. Der Bär wird in der Regel von Ihnen ablassen oder Sie nur beschnuppern. Verharren Sie in Ihrer Position und warten Sie ab, bis sich der Bär weit genug entfernt hat."
NIE DEN RESPEKT VERLIEREN
Bären sind große wehrhafte Wildtiere! Versuchen Sie niemals sich einem Bären zu nähern oder ihn anzulocken. Lassen Sie ihm Raum für den Rückzug. Füttern Sie unter keinen Umständen und lassen Sie keine Essensreste liegen. Die instinktive Vorsicht, die Bären Menschen gegenüber zeigen, kann verloren gehen, wenn die Tiere positive Reize vom Menschen erfahren. Daraus kann ein problematisches oder sogar aggressives Verhalten entstehen.
In diesem Sinne möchten wir uns für Eure treue Leserschaft bedanken und wünschen euch eine sonnige, glückliche Zeit! Wenn ihr möchtet, folgt uns auch gerne für aktuelle News auf Facebook (Bayern wild, Tatort Natur)!